Ich habe meine beiden Grossmütter sehr geliebt. So verschieden sie waren, so verschiedene Sachen gaben sie mir mit auf meinen Lebensweg. Die robuste Singer-Nähmaschine aus den 1940er-Jahren rattert noch immer fröhlich unter meinen Händen. Und in meinem Lismi-Chörbli gibts nicht eine einzige neue Nadel – die sind alle geerbt und bestens «eingestrickt». Immer hing ich an den Schürzenzipfeln meiner Grosis, und immer waren ihre helfenden Hände für mich da. Mit ihre geduldigen Gemütern animierten sie mich stets, überall mitzuhelfen und alles selber auszuprobieren. Konfitüre einkochen und Bretzeli backen, Rüebli säen und Kartoffeln setzen, Teppiche ausklopfen oder ein Loch im Gartenboden ausheben, um dort im Winter einen kühlen Lagerraum für Gemüse zu schaffen.
Backe ich heute Züpfe, denke ich unweigerlich an mein Zwygart-Grosi. Mit Küchentüchern haben wir einst stundenlang geübt, bis ich das Zöpfeln blind beherrschte. Müsste ich es erklären – keine Ahnung! Die Hände wissen von alleine, wo die Teigstränge hingehören. Am einfachsten geht es, wenn man das Denken ausschaltet und das Tun der Intuition überlässt.
Übrigens: Züpfebacken wird völlig unterschätzt! Für mich ist das längst ein Ritual, das mich beruhigt, entschleunigt und selig macht. Beim Kneten – «mindestens zehn Minuten von Hand, kräftig und ohne Unterbruch», befahl Grosi stets – verliere ich rasch überschüssige Energie und schlechte Gedanken. Habe ich mich vorher wegen etwas oder jemandem echauffiert, traktiere ich den Teig dementsprechend mit ganzer Inbrunst. Zu spüren, wie er unter den Händen warm und geschmeidig wird, vertreibt Ärger und verwandelt ihn in positive Backenergie. Pressieren nützt gar nichts; der Teig braucht seine Zeit, um aufzugehen. Und spätestens wenn die Züpfe im Ofen bäckt und die Stube langsam in diesen unvergleichlichen Duft eingelullt wird … Glück pur! Versuchen Sie es selber.
Zutaten für Zwygart-Grosis Züpfe
- 500 g Zopfmehl
- 1,5 TL Salz
- 50 g Anke (Grosi nahm 250 Gramm!)
- 2,5 dl Milch
- 20 g frische Hefe
- 1 Ei
- 1 Eigelb
Zubereitung
Das Mehl in eine grosse Schüssel geben, Salz dazu und mischen.
Anke in kleine Würfel schneiden und mit der Hälfte der Milch in einer Pfanne erwärmen. Vorsicht: Nur handwarm werden lassen!
Die Hefe in der restlichen Milch auflösen.
Ein Ei in die Schüssel zum Mehl geben, die Anken-Milch und die Hefe-Milch darüber giessen. Alles zu einem Teig kneten.
Den Teig aus der Schüssel nehmen und auf einer bemehlten Fläche mindestens zehn Minuten von Hand kräftig kneten.
Eine Kugel formen und zurück in die Schüssel geben, mit einem Küchentuch abdecken und den Teig an einem warmen Plätzchen (23 bis 25 Grad) eine Stunde gehen lassen. Das Volumen sollte sich etwa verdoppeln.
Den Teig halbieren, zu zwei langen Strängen rollen und dann zu einem Zopf flechten.
Tipp Im Gegensatz zu mir, kann Brotkünstlerin Katharina Arrigoni bestens erklären, wie das Zöpfeln klappt. Hier gehts zu ihren Videos.
Die Züpfe auf ein Blech mit Backpapier legen. Den Teig nochmals 45 Minuten gehen lassen. Dann mit Eigelb bestreichen und in den kalten Ofen schieben. Nach 40 Minuten bei 190 Grad (Umluft) ist das Werk vollbracht.
Ä guätä! Und danke, Zwygart-Grosi!
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